Donnerstag, 24. Mai 2007
Danke für Ihr Verständnis!
Früher war alles besser. Zum Beispiel im feudalen Japan. Wenn da jemand so richtig Mist gebaut hatte, führte er ein bestimmtes Ritual aus, und alles war vergeben und vergessen.

Das Aufschneiden von Pulsadern, wie z.B. vom Philosophen Seneca praktiziert, hat sich überholt. Auch sind die Zeiten, wo ehrbahre Kaufleute zu Strick oder Pistole griffen, um wegen heran nahendem Konkurs persönliche Verantwortung zu übernehmen, glücklicherweise vorbei. Stattdessen erhält man als Kunde von seinem Unternehmen mittlerweile schön formulierte Entschuldigungsbriefe, wenn es zu bedauerlichen Verzögerungen bei der Auslieferung der zugesagten Ware kommt. Oder besser gesagt, man erhielt solche Entschuldigungsbriefe, denn was man seit neuestem bekommt, liest sich an der entscheidenden Stelle ungefähr so:

Ihren Anforderungscoupon haben wir erhalten und Sie wurden auch in unserer Datenbank erfasst. Leider gibt es große Lieferschwierigkeiten für diesen 100-tlg. Zubehörkoffer. Selbstverständlich werden Sie noch von uns schriftlich informiert.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.

Erhalten so von einem sehr großen deutschen Unternehmen. Die ins externe Call-Center outgesourcte Dame, die sich hier für mein nicht vorhandenes Verständnis bedankt, ist nicht die einzige, die in letzter Zeit das Wort Entschuldigung nicht mehr über das Keyboard bringt. Die Dame hofft nicht einmal mehr auf mein Verständnis, sie setzt es einfach voraus.

In der Servicewüste Deutschland greift langsam immer mehr die Unsitte um sich, sich keinesfalls in der Verantwortung für ein Problem zu sehen. Egal ob Netzwerkstörung, Lieferschwierigkeit oder Garantiefall, weil das entscheidende Kabel nicht festgelötet war: alles höhere Gewalt, weil z.B. die Jungs in China das einfach nicht so doll beherrschen. Man selbst hat damit ja nix zu tun...

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Nachtrag
Nachdem ich dem meine Ansichten über fehlendes Verständnis meinerseits wenig mißverständlicher Form an das betroffene Unternehmen gesendet hatte, kam eben folgende Antwort:
Guten morgen Herr Zabong,

wir senden Ihnen in der nächsten Woche den 100 tlg. Zubehörkoffer zu.

Einen schönen Tag noch.

Die sprachliche Effizienz ist wirklich beeindruckend. Man muss bedenken, dass die arme Service-Maus im Akkord solche Briefe schreiben muss, und da ist das Weglassen eines Satzes wie "Wir bedauern nochmals die mehrwöchige Verzögerung und möchten uns für die Unannehmlichkeiten bei Ihnen entschuldigen." nur konsequent.

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