Bei guten, manuell fokussierbaren Objektiven mit Festbrennweite konnte man für jede Blende eine hyperfokale Distanz ablesen. Das war der kleinste Abstand von Filmebene zum Motiv, mit der man vom Motiv bis zu Unendlich alles akzeptabel scharf hatte. Genauer gesagt war alles von der halben Hyperfokaldistanz bis Unendlich scharf. In Ermangelung eines Autofokus blendete man früher für Schnappschüsse je nach Brennweite recht stark ab (z.B. Blende 11 oder 13 bei Normalobjektiven), stellte die Kamera auf Hyperfokaldistanz ein und wusste ziemlich genau, was alles scharf im Bild war, ohne darauf scharf stellen zu müssen. Das spart Zeit.
Digitale Kompaktkameras haben aufgrund ihrer kleinen Sensoren eine unglaubliche Schärfentiefe schon bei moderatem Abblenden. Die hyperfokale Schnappschusseinstellung wäre hier also mit deutlich weniger Anforderungen ans Licht zu schaffen. Leider existiert gerade mal ein Hersteller - Ricoh - der seinen Knipsen eine hyperfokale Einstellung spendiert; zumindest die GX100 kann im SNAP Modus so Vorfokussieren und erreicht damit die völlige Elemination des Autofokus-Lags.
Für alle anderen habe ich mir einen kleinen Trick überlegt. Zunächst bestimmt man mit Hilfe des Online Depth of Field Calculator für seine Kamera die Hyperfokaldistanz bei die kleinster Weitwinkelbrennweite und einer guten Arbeitsblende. Für die Fuji F31fd ist z.B. die kleinste Brennweite 8mm (36mm Kleinbild) und eine für viele Beleuchtungssituationen geeignete Blende f6,4. Viel mehr Abblenden darf man eh nicht, weil die Schärfe bei den kleinen Sensoren dann rapide abnimmt. Für die F31, die von der Sensorgröße einer F30 entspricht, ergibt sich 1.45m. Alles von 73cm bis Undendlich ist dann scharf, und 73cm ist etwas weiter als der ausgestreckte Arm. Diesen Minimalabstand sollte man beim Fotografieren allerdings nicht wirklich mir dem ausgestreckten Arm prüfen, die Geste könnte irritieren.
Wie stellt man nun die F31fd auf 1.45m ein? Ganz einfach: man misst mit Hilfe eines Maßbands die Höhe, in der man die Kamera halten muss, um ungefähr auf 1.45m zu liegen. Bei mir ist das in etwa die Höhe des Brustbeins. Halte ich die Kamera auf diese Höhe und fokussiere auf meine Füsse, passieren zwei Dinge: (1) die Kamera fokussiert auf eine Objektdistanz, die ungefähr der hyperfokalen Distanz entspricht und (2) die Belichtung wird vom Boden genommen, der bei uns in Deutschland so erfreulich oft die Farbe von Asphalt hat und etwas dunkler als 18% (mittleres) Grau ist. Mit mittenbetonter Messung und einer Belichtungskorrektur von -2/3 Blende hat man daher meist perfekt belichtet.
Wenn es einem nichts ausmacht, dass diese Technik etwas dämlich aussieht, kann man so mit praktisch jeder Digicam, die eine Blendenvorwahl hat, hyperfokal fotografieren. Die Vorteile liegen bei gutem Licht vor allem in spontanen Aufnahmen von beweglichen Objekten. Bei halb gedrücktem Auslöser kann man so lange warten, bis etwas interessantes passiert (z.B. bei Tieren und Kindern). Drückt man den Auslöser komplett durch, wird sofort ausgelöst, unabhängig davon, ob das Motiv gerade exakt im Fokus sitzt oder nicht. Ein anderer Vorteil ist die besser voraussagbare Belichtung bei sehr schwierigen Motiven mit hohen Kontrasten - z.B. bei Hochzeiten. Durch die Belichtungsmessung auf den Boden wird nach der Menge des tatsächlich vorhandenen Lichts belichtet und nicht nach der zufälligen Anzahl der schwarz oder weiss gekleideten Menschen im Bild.
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Fuji F31fd, f2.8, 1/50s, Iso400.
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